Interview mit Liliane Fontaine - Tipps für Ihren Aufenthalt im Languedoc

Die deutsche Autorin Liliane Fontaine hat französische Wurzeln und lebt mehrere Wochen im Jahr in einem kleinen Dorf in der Nähe von Nîmes. Im Interview erfahren wir Neues über ihre Krimis und spannende Tipps für einen Urlaub in dieser Region in Südfrankreich.

Was ist Ihr persönlicher Lieblingsort im Languedoc? Haben Sie einen Geheimtipp?

Das Languedoc ist voller pittoresker Dörfer und malerischer Städtchen – Sommières, Anduze, Uzès, um nur drei zu nennen. Ich selbst lebe in einem kleinen Dorf in der Nähe der Stadt Nîmes, die mein absoluter Lieblingsort ist. Nîmes hat trotz seiner mehr als 150.000 Einwohner seinen intimen Charakter bewahrt. Die an jedem Vormittag geöffnete Markthalle bietet eine unbeschreibliche Auswahl an allen frischen Köstlichkeiten der Region und ist nur wenige Gehminuten vom römischen Tempel, der Maison Carrée, entfernt. Das römische Erbe ist dort oder an der Arena erfahrbar, in den kleinen Gassen sind Gebäude des Mittelalters oder der Renaissance zu entdecken, moderne Bauten, wie das Museum für moderne Kunst von Norman Forster sind unaufdringlich in das Stadtbild gebettet.
Vielleicht kein Geheimtipp, aber ein guter Tipp: ein Besuch der Bambouseraie bei Anduze. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Park angelegt, exotische Bäume, Büsche und Stauden gepflanzt. Das Bambusarium mit seinen verschiedene Bambusarten, ein japanischer Garten mit Wasserflächen oder das aus Bambus errichtete laotisches Dorf bieten gerade an heißen Tagen einen schattigen Aufenthalt. Und nicht nur für Kinder ist eine Fahrt mit der historischen Dampfeisenbahn zwischen Anduze und Saint-Jean-du-Gard, die an der Bambouseraie hält, ein besonderer Spaß.

Was sollten Besucher, die zum ersten Mal im Languedoc sind, auf jeden Fall sehen oder unternehmen?

Einen Ausflug in die Camargue mit dem Ziel Aigues-Mortes (nicht nur berühmt für seine mittelalterliche Festungsmauer, sondern auch für das köstliche Fleur de sel), um mit eigenen Augen die wilde Schönheit dieser Landschaft zu erfahren, die Stiere, weißen Pferde und Flamingos, die sie prägen, zu beobachten. Dafür gibt es an der Strecke immer wieder Haltemöglichkeiten mit Informationstafeln, die den Besucher über Flora und Fauna dieser einzigartigen Region aufklären.

Was sollte man im Languedoc erleben, um sich wie ein Einheimischer zu fühlen?

Neben einem Einkaufsspaziergang über einen der zahlreichen Wochenmärkte, die oft auch mit einem Marché aux Puces (z.B. Sommières) verbunden sind, ist vor allem der Besuch einer Fête votive zu empfehlen. Diese traditionellen Feste, meist zu Ehren eines Heiligen, sind in vielen Städten, Städtchen und kleinen Dörfern zu finden. Die Jugend vergnügt sich bei einem Abrivado, einem unblutigen Spektakel, bei dem junge Stiere durch die Straße laufen, von Gardians auf ihren Camargue-Schimmeln geleitet. Musik, Pétanque-Turniere und immer ein Getränkestand mit Bier, Pastis und Weinen der Region bieten eine hervorragende Möglichkeit, sich unter die Einheimischen zu mischen.

Ihr regionales Lieblingsrestaurant oder ein Lieblingsgericht?

Beim Thema Essen sollte man sich einfach überraschen lassen. Zahlreiche unbekannte, kleine Restaurants bieten eine hervorragende ländliche Küche an. Man kann davon ausgehen, dass dort, wo zur Essenszeit zahlreiche Autos mit einheimischen Kennzeichen stehen, ein schmackhaftes Menu serviert wird. Da ich selbst eine begeisterte Köchin bin , und, solange ich koche, die französische Küche auf den Tisch bringe, ist mir das allergrößte Vergnügen, aus der großen Auswahl an frischen Produkten das zu entdecken und zu verarbeiten, was am Abend auf den gedeckten Tisch kommt. Sei es eine Daube du Gardian, ein köstlicher Schmortopf aus Rindfleisch, der langsam in einem guten Rotwein vor sich hin köchelt, oder Seiches farcies, Tintenfisch, den ich mit einer Hackfleischmischung fülle und in Tomaten und Weißwein schmore.

Ihr Lieblingsspaziergang in der Region?

Ein Ausflug in die Cevennen, und dort im Schatten von Kastanien und Steineichen eine Wanderung mit den Hunden. Und dies auf mittlerweile sehr gut ausgebauten und gekennzeichneten Strecken. Dabei haben wir bereits einige Abschnitte des Robert-Louis-Stevenson-Weges erwandert. Der Schriftsteller Stevenson legte die 220 Kilometer lange Strecke zwischen Le Monastier-sur-Gazeille und Saint-Jean-du-Gard in einer zweiwöchigen Wanderung mit der Eselin Modestine zurück. Beschrieben hat er seine Reise 1879 in dem Büchlein mit wunderbaren Beschreibungen „Eine Reise mit dem Esel durch die Cevennen“. Dieser Weg, heute der GR 70 Fernwanderweg, kann auch mit Eseln, die vor Ort gemietet werden können, erwandert werden.

Die Region in fünf Sinnen!

Schmecken – Wein, in all seinen Facetten: pur, aber auch in vielen Gerichten.
Riechen – Meersalz, trockenes Gras, Lavendel, Geruch der Pferde, Gewürze auf dem Markt
Fühlen – pralle Trauben, glatte Schale der Maronen, feiner Sand
Hören – Herannahen der Wellen, Wind in den Pappeln, Schnauben der Pferde, Greifvögel am Himmel, Zikaden bis in die Abendstunden
Sehen – Bergkette der Cevennen aus meinem Küchenfenster, das Meer, wenn es hinter einer Sanddüne auftaucht, eine Eidechse auf einem Stein, sich in der Sonne wärmend

Was sind Ihre zukünftigen Projekte?

Im Mai wird als dritter Roman um die Untersuchungsrichterin Mathilde de Boncourt aus Nîmes, „Die Richterin und der Kreis der Toten“ erscheinen. Ein Journalist, der einen tödlichen Unfall hat, seine Schwester, die Suizid begeht, eine ehemalige Templerburg, in der eine Gemeinschaft von Aussteigern lebt. Für die Richterin und ihr Team ein außergewöhnlich verzwickter Fall. Weitere Folgen sind in Planung. An Band 4 wird bereits gearbeitet. Hier bekommen es die Ermittler mit den Auswirkungen eines Bizutage, Initiationsriten an einer elitären Internatsschule, zu tun. Die ersten drei Bände erscheinen im Frühjahr 2020 auch als Neuauflagen in einer veränderten Aufmachung.

Ein Tipp bei schlechtem Wetter

Das 2018 eröffnete Musée de la Romanité in Nîmes. Im futuristisch anmutenden Museumsbau wird eine Vielzahl an Objekten der römischen und gallo-römischen Vergangenheit von Nîmes und seiner Umgebung präsentiert. Die Ausstellung ist auch für Kinder bestens geeignet. Und von der Dachterrasse hat man einen tollen Blick auf die Stadt und die Arena.

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