Jean-Philippe Poirée-Ville und die Schrift der Pflanzen

Architekt? Landschaftsgestalter? Botaniker? Jean-Philippe Poirée-Ville ist in erster Linie ein Künstler, ein Poet, ein Kalligraph und ein Soziologe. Dieses Jahr nimmt er am berühmten Internationalen Gartenfestival in Chaumont-sur-Loire teil, in dem wunderschönen Anwesen, das Eigentum der Region Centre-Val de Loire ist.

Meine Geschichte

"Mein Großvater war Landwirt im Languedoc. Ich habe an der École Spéciale d’Architecture Architektur studiert, dann Landschaftsarchitektur in Versailles, weil ich Lust hatte, mich mit Stadtplanung zu beschäftigen.* Paul Virilio**, den ich während der Ausbildung an der ESA kennengelernt habe, hat mich darauf gebracht, mit Licht zu arbeiten. Daraufhin habe ich lange Zeit eine unterirdische Pflanzenwand des Botanikers Patrick Blanc untersucht und das Verhalten dieses kleinen vertikalen Gartens unter Projektorenbeleuchtung beobachtet. Diese Studie hat mich hinterfragen lassen, wie sich unser Blick bei Stroboskoplicht verhält und welch wesentliche Rolle die Architektur als Gedächtnisstütze einnimmt. Auf Grundlage meiner Untersuchungen habe ich im Jahr 2000 ein Werk für die Ausstellung *Les Mondes Lumière (Lichterwelten) in der EDF-Stiftung umgesetzt: Ich habe virtuelle Pflanzen auf eine Kinoleinwand projiziert, die zugleich mit Pflanzen bewachsen war. Die Verbindung zur Architektur hat sich bei einer Begegnung mit Grundschulklassen ergeben, die vom Kultusministerium organisiert wurde: Dieser Austausch hat mir bestätigt, dass die Architektur nicht nur ein Raum, sondern eine richtige Sprache ist, die sich zwischen pflanzlichen Zeichen und den Codes der Städteplanung entwickelt. So habe ich die ersten „begrünten Schriftzüge“ entwickelt. Mein Ansatz besteht aus zwei Schritten: der Aneignung des Territoriums und der anschließenden Entwicklung einer neuen Sprache mittels der Ornamentik. Heute spielt das Pflanzliche eine bedeutende Rolle in der Sozialisation."

Wind der Freiheit beim Gartenfestival in Chaumont-sur-Loire

2001 nahm Jean-Philippe Poirée-Ville an einer Ausstellung in der Abbaye de Fontevraudteil, unter der Leitung von Chantal Colleu-Dumond, der aktuellen Direktorin der Domaine und des Festivals von Chaumont-sur-Loire. Dort begegnete er dem Gründer des Festivals, Jean-Paul Pigeat, und unterzeichnete anschließend seine erste Teilnahme im Jahr 2002 zum Thema Unkraut. In Chaumont trifft JPPV frühere Kommilitonen der Ecole de paysage de Versailles wieder, Künstler und Gärtner. "Ich liebe diesen Teamspirit, und hier herrscht eine enorme kreative Freiheit, die sehr selten zu finden ist. Es gibt wenige andere Orte, an denen das in dieser Form möglich ist!"
Das Festival wählt seine Künstler in mehreren Etappen aus: Das Thema des Jahres wird im August vorgestellt; die Bewerbungsunterlagen müssen im Oktober eingereicht sein; eine Vorauswahl findet im Dezember mit einem Vorstellungsgespräch statt; die Installation beginnt im März. Die Ausgabe 2002 fiel zeitlich mit den ersten sehr poetischen „begrünten Schriftzügen“ von Jean-Philippe Poirée-Ville oder den “Schriftzügen in Wolken“ zusammen. Diese beweglichen Lianen scheinen sich wie wellenartige Städte zu entfalten und erschaffen so eine ornamentale Sprache eines neuen Städtebaus.
Die 25. Ausgabe widmet sich dieses Jahr einem zukunftsgerichtetem Thema: den Gärten des kommenden Jahrhunderts. Der „Jardin flottant du songe“ von Jean-Philippe Poirée-Ville zeigt hängende Pflanzen die von einer Tropfbewässerung ernährt werden: "Das Thema hat mich sehr inspiriert. Ich wollte unsere aktuelle Abhängigkeit von der Energie thematisieren. Unsere Gesellschaft ist aufgrund dieser lebenswichtigen Beziehung fragil; dasselbe gilt für meine zwar üppigen, aber prekären Werke: Ohne Bewässerung sterben meine Pflanzen innerhalb von 3 Tagen!“

Dank seiner umfangreichen Expertise in den Bereichen Architektur, Licht und Botanik zeigt uns Jean-Philippe Poirée-Ville hier erneut ein symbolträchtiges Werk über die Gesellschaft und über seine Sicht der Umwelt, mittels einer ornamentalen, barocken Sprache mit Jugendstilelementen.

Seine "DNA"

Ihre Arbeit in drei Worten: "Ornamentik, Stadt, Leben"
Das Festival in drei Worten: "Gemeinschaft, Wetteifer, Karawanserei (ummauerte Herberge)"

Die Region

Die Domaine de Chaumont-sur-Loire thront über dem Loiretal, eingetragen als UNESCO-Weltkulturerbe. Ihr Schloss war einst Eigentum von Katharina von Medici und Diana von Poitiers; es zählt zu den Loire-Schlössern.
Ein Geruch? "Die Tartes de Blanche von Chaumont »
Ein Geräusch? "Vögel im Park"
Ein Geschmack? "Das Eis von Chaumont, die Sorten wechseln jedes Jahr: Brennessel-Basilikum zum Beispiel… !"
Eine Aussicht? "Auf dem Rasen liegen und den Sternenhimmel betrachten"
Etwas zum Fühlen? "Die Katzen von Chaumont: Felix ist seit 6 oder 7 Jahren des Maskottchen"

Meine Adressen

Eine Schlafstätte? "Das Gästezimmer von La Maison du pêcheur"
121, rue Maréchal De Lattre, 41150 Chaumont-sur-Loire
+33 2 54 20 92 57
Ein Bistro? "La Détente Gourmande, besser bekannt unter dem Namen Chez Blanche. Dort gibt es köstliche Kuchen!"
61, rue Maréchal De Lattre, 41150 Chaumont-sur-Loire
+33 2 54 33 94 65

Chaumont-sur-Loire